Für Ausdruck sammeln Diese Seite per E-Mail empfehlenDiese Seite drucken

Ethische Aspekte zu iPS-Zellen

Induzierte pluripotente Stammzellen, sog. iPS-Zellen, sind Zellen, die durch Reprogrammierung aus differenzierten somatischen Zellen entstanden sind, und die möglicherweise die gleichen Eigenschaften und das gleiche Potential besitzen wie humane embryonale Stammzellen.

Sollte sich das Verfahren als erfolgreich herausstellen, ließen sich iPS-Zellen möglicherweise für zellbasierte Therapieansätze nutzen. Da es sich dabei um patienteneigene Stammzellen handeln würde, wäre das Problem von Immunreaktionen umgangen. Auch das Problem der Eizellspende könnte durch die Nutzung von iPS-Zellen gelöst werden, da für die Herstellung von Stammzellen dann keine Eizellen mehr erforderlich wären.

 

In ethischer Hinsicht halten viele iPS-Zellen für vorteilhaft. Der Erforschung und Verwendung von embryonalen Stammzellen steht nach verbreiteten moralischen und rechtlichen Überzeugungen die moralische Schutzwürdigkeit der frühen Embryonen gegenüber, die der Gewinnung dieser Zellen dienen und dabei verbraucht werden. Weil Embryonen das biologische Potential haben, sich unter bestimmten Bedingungen zu einem Kind zu entwickeln (Potentialitäts-Argument) komme ihnen ein besonderer oder sogar der gleiche moralische Status zu, den geborene Menschen besitzen. Insofern iPS-Zellen ohne einen Verbrauch von Embryonen hergestellt werden können, könnte, wie viele meinen, das Problem des Embryonenschutzes damit „umgangen“ bzw. gelöst sein.

 

Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass zuverlässig ausgeschlossen werden kann, dass die Reprogrammierung der Ausgangszellen nicht gewissermaßen „über das Ziel hinausschießt“ und zur Erzeugung von Zellen führt, die sich genauso verhalten wie (totipotente) befruchtete Eizellen, d.h. wie frühe Embryonen. Darüber, ob dieses Szenario zuverlässig ausgeschlossen werden kann, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einen „Totipotenzmarker“, der den Status der Totipotenz anzeigen könnte, gibt es (derzeit) jedenfalls nicht. Ließe sich eine ungewollt zu weit gehende Reprogrammierung nicht zuverlässig ausschließen, wäre die Herstellung von iPS-Zellen zumindest mit dem Risiko einer Tötung bzw. eines Verbrauchs von Embryonen verbunden.

 

Aus der Logik des Potentialitäts-Argumentes ergibt sich aus der Möglichkeit der Reprogrammierung darüber hinaus ein zusätzliches Problem: Würde sich aus dem Potentialitäts-Argument nicht ein – nachgerade absurder – moralischer Schutzanspruch für alle Körperzellen ergeben, wenn sich im Prinzip jede einzelne Körperzelle durch Reprogrammierung in den Status der Totipotenz versetzen ließe? Und zwar deshalb, weil dann jede Zelle das Potential dazu besitzt, sich „unter geeigneten Umständen“ zu einem Embryo zu entwickeln, der sich seinerseits – und wiederum „unter geeigneten Umständen“ – zu einem geborenen Menschen entwickeln kann?

 

Gegen diese Schlussfolgerung könnte man einwenden, dass zur Überführung einer Zelle in ein Totipotenz-Stadium technische oder biochemische „Tricks“ erforderlich sind. Bei der Reprogrammierung handelt es sich somit also um einen „künstlichen“, nicht um einen „natürlichen“ Vorgang (wie bei einer Schwangerschaft). Aber macht dieser Umstand in ethischer Hinsicht einen Unterschied?

Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen Centrum für Bioethik - Westfälische Wilhelms-Universität Münster Zentrum der Didaktik für Biologie - Westfälische Wilhelms-Universität Münster Universitätsklinikum Münster Bundesministerium für Bildung und Forschung

Mit freundlicher Unterstützung für Realisation und Design: Agentur Albrecht Verwendetes Content-Management-System: alvisio®