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Chimären und Hybride

Unter Chimären werden seit der griechischen Mythologie Mischwesen verstanden, die meist aus menschlichen und tierischen Anteilen bestehen (z.B. Minotauros oder Meerjungfrauen).

Auch im Zusammenhang der Stammzellforschung spielen Chimären bzw. Hybride eine Rolle (die Begriffsverwendung ist uneinheitlich, mitunter wird deshalb auch von „Chimbrids“ gesprochen). Es gibt dabei zumindest zwei Methoden, die zur Erzeugung von Chimären/Hybriden führen können. Dazu gehören zum einen die Zelltransplantation, bei der einer tierischen Blastozyste (oder einem Embryo in einem späteren Entwicklungsstadium) menschliche (Stamm-)Zellen transplantiert werden, und zum anderen der Zellkerntransfer, bei dem eine entkernte tierische Eizelle mit einem menschlichen Zellkern zusammengebracht wird. Letzteres Verfahren wird unter anderem als Ausweg aus der Problematik der Eizellspende diskutiert. Für die Frage, wie Verfahren, bei denen Chimären/Hybride erzeugt werden, ethisch zu bewerten sind, kommt es – neben verschiedenen anderen Aspekten – insbesondere darauf an, welchen moralischen Status man den betreffenden Entitäten zuschreibt.

Ethische Aspekte

Vertreterinnen und Vertreter von ethischen Theorien, die menschlichen Embryonen einen vollen moralischen Status zuschreiben, der entweder auf der Zugehörigkeit zur Spezies Mensch beruht, oder darauf, dass menschliche Embryonen das Potential besitzen, sich in eine menschliche Person entwickeln zu können, werden Chimären/Hybride-Experimente in der Regel ablehnen. Dies liegt zum einen daran, dass für solche Experimente menschliche embryonale Stammzellen benötigt werden (z.B. bei einigen Zelltransplantations-Verfahren). Solche Zellen können gegenwärtig nur unter Inkaufnahme der Tötung von Embryonen gewonnen werden.

Der Einsatz von adulten Stammzellen oder iPS-Zellen hingegen wäre aus der Sicht einer solchen Position ethisch eher unbedenklich, vorausgesetzt, dass das Potential dieser Zellen sich auf das Stadium der Pluripotenz bzw. Multipotenz beschränkt. Zum anderen richten sich die ethischen Bedenken aus der Sicht einer solchen Position auf die Frage nach dem moralischen Status der erzeugten chimären bzw. hybriden Entitäten. Deren Status hängt für die Vertreterinnen und Vertreter dieser Position prima facie davon ab, in wie weit die erzeugten Entitäten als menschlich gelten. Im Falle des Zellkerntransfers beispielsweise stellt sich die Frage, ob die tierliche mitochondriale DNA, die sich im Cytoplasma der entkernten Eizelle befindet, einen Einfluss auf die Spezieszugehörigkeit hat. Sollte es sich bei den erzeugten Entitäten um Menschen handeln, wäre jede weitere Nutzung und auch die Gewinnung von Stammzellen, moralisch unzulässig.

 

Vertreterinnen und Vertreter ethischer Theorien, die nur solchen Entitäten einen vollen moralischen Status zuschreiben, die aktuell moralisch relevante Eigenschaften wie z.B. Schmerzempfindungsfähigkeit, Selbstbewusstsein etc. aufweisen, werden die beiden oben beschriebenen Verfahren erst dann als ethisch problematisch einstufen, wenn die dabei entstehenden chimären bzw. hybriden Wesen über die für moralisch relevant gehaltenen Eigenschaften oder Fähigkeiten verfügen. Vor Ausbildung dieser Eigenschaften oder Fähigkeiten ist der Umgang mit solchen Zellen aus der Sicht der Vertreterinnen und Vertreter dieser Position zumindest prima facie ethisch unbedenklich – unabhängig davon, ob es sich dabei um adulte oder embryonale Stammzellen handelt, und auch unabhängig davon, ob es sich dabei um Zellen tierlichen oder menschlichen Ursprungs oder auch um „Misch“Zellen handelt.

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