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Konsequenzialistische Ethiken

Folgenethiken

Konsequenzialistische Ethiken behaupten, dass es ausschließlich die Folgen einer Handlung sind, an denen sich ihr moralischer Wert oder Unwert bemisst.

Kennzeichen konsequenzialistischer Ethiken

Die Behauptung, dass sich der moralische Wert einer Handlung ausschließlich an den Handlungsfolgen bemisst, ist das zentrale Kennzeichen konsequenzialistischer Ethiken (im Gegensatz zu deontologischen Ethiken). Dieter Birnbacher hat darüber hinaus eine Reihe weiterer Merkmale konsequenzialistischer Ethiken hervorgehoben, die auch für gegenwärtige Debatten in der angewandten Ethik wichtig sind. Demnach sind der Maßstab der konsequenzialistischen Handlungsbewertung die zu erwartenden Handlungsfolgen und nicht die Folgen, die sich faktisch, aber möglicherweise unvorhersehbar, aus einer Handlung ergeben. Aus konsequenzialistischer Sicht kommt es ferner bei der Bewertung von Handlungen neben der Eintrittswahrscheinlichkeit der Handlungsfolgen auf die Qualität dieser Folgen an. In der Frage, welche Folgen für die moralische Bewertung einer Handlung maßgeblich sind, unterscheiden sich die verschiedenen Versionen konsequenzialistischer Ethiken. Kennzeichnend für den Konsequenzialismus ist weiterhin, dass er bei der Handlungs­beurteilung nicht nur die beabsichtigten, sondern auch die unbeabsich­tigten, aber absehbaren Folgen (die sogenannten „Neben­folgen“) berücksichtigt, und zwar in der Regel mit demselben Gewicht wie die beabsichtigten Folgen.

Utilitarismus als ein Beispiel für eine konsequenzialistische Ethik

Die prominenteste konsequenzialistische Ethikkonzeption ist der Utilitarismus. Seine bekanntesten Vertreter im 18. und 19. Jahrhundert waren Jeremy Bentham, John Stuart Mill und Henry Sidgwick. John Stuart Mill beispielsweise bestimmt die utilitaristische Moral als „die Gesamtheit der Handlungsregeln und Handlungsvorschriften, durch deren Befolgung ein Leben der angegebenen Art (sc. der Freude) für die gesamte Menschheit im größtmöglichen Umfang erreichbar ist; und nicht nur für sie, sondern, soweit es die Umstände erlauben, für die gesamte fühlende Natur.“

Der Utilitarismus ist kein einheitliches Lehrgebäude. Man kann eine Reihe verschiedener Utilitarismus-Versionen unterscheiden, die allerdings drei zentrale gemeinsame Charakteristika aufweisen: Der moralische Wert oder Unwert einer Handlung hängt für Anhängerinnen und Anhänger utilitaristischer Ethiken allein von deren Folgen ab. In der Frage, welche Folgen einer Handlung für ihre moralische Bewertung maßgeblich sind (Glück versus Befriedigung von Interessen; ausschließlich negativer versus auch positiver Nutzen; Gesamtnutzen versus Durchschnittsnutzen usw.) unterscheiden sich die utilitaristischen Ethiken. Einig sind sie sich jedoch darin, dass das moralisch Richtige eine Funktion eines außermoralisch Guten ist. Die zweite wichtige Gemeinsamkeit utilitaristischer Ethikkonzeptionen ist das Prinzip der Maximierung. Es verlangt, kurz gesagt, diejenige Handlung auszuführen, die die besten Konsequenzen bzw. mindestens so gute Folgen hat wie jede dem Handelnden offenstehende alternative Handlung. Auch hier kann man wieder verschiedene Varianten des Utilitarismus unterscheiden: Anders als der Akt- oder Handlungsutilitarismus fordert der Regelutilitarismus, dass die der Handlung zugrundeliegende Regel den Nutzen maximiert. Entscheidend ist dann nicht mehr, welche Handlung, sondern welche Regel am nützlichsten ist. Der dritte für den Utilitarismus zentrale Gedanke schließlich ist der Gedanke der Unparteilichkeit oder Gleichheit, wie er beispielsweise in Benthams Formel „Jeder zählt für einen und niemand für mehr als einen“ zum Ausdruck kommt.

Grenzen konsequenzialistischer Ethik

Gegen konsequenzialistische Ethiken werden häufig drei Einwände erhoben. Der erste Einwand lautet, dass der Konsequenzialismus gegebenenfalls den Einsatz schlechter Mittel zur Verwirklichung guter Zwecke zulasse („der Zweck heiligt die Mittel“). Zum anderen wird gesagt, dass die Ausschließlichkeit, mit der er die Handlungsfolgen über den moralischen Wert einer Handlung entscheiden, wichtige Aspekte von Handlungen übersehe und daher unseren moralischen Überzeugungen nicht gerecht werde. Der dritte Einwand zielt auf die mit dem Konsequenzialismus möglicherweise verbundene Überforderung. Führt das Gebot, das jeweils größtmögliche Glück aller Betroffenen, vielleicht sogar entfernter zukünftiger Generationen zu realisieren, nicht zu einem radikalen Altruismus, der dem Einzelnen unter Umständen extreme Opfer abverlangt?



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