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Moralisches Dilemma

Stellt die Forschung an embryonalen Stammzellen uns vor moralische Dilemmata? Was ist ein Dilemma überhaupt?

Dilemma heißt wörtlich übersetzt soviel wie „Zwiegriff“. Ursprünglich gehört der Ausdruck in den Bereich der Logik. Heute verwendet man das Wort Dilemma oft allgemein im Sinne von Zwangslage. Wer vor einem Dilemma steht muss sich zwischen (mindestens) zwei gleichermaßen unangenehmen oder unakzeptablen Alternativen entscheiden.

Moralisches Dilemma

Moralische Dilemmata sind eine besondere Form eines moralischen Konflikts. Ein moralisches Dilemma liegt, streng genommen, dann vor, wenn in einer Situation

  • mindestens zwei Güter, Rechte oder Interessen auf dem Spiel stehen,
  • keine absoluten Vorrangregeln existieren,
  • nicht beide fraglichen Güter, Rechte oder Interessen gleichzeitig realisiert, geschützt oder erfüllt werden können,  es also keinen dritten Weg gibt, der es erlauben würde, beiden (bzw. allen fraglichen) Verpflichtungen gerecht zu werden, und
  • es nicht möglich ist, die auf dem Spiel stehenden Güter, Rechte oder Interessen gegeneinander abzuwägen.

Für die Unmöglichkeit einer Güterabwägung lassen sich insbesondere zwei unterschiedliche Gründe anführen. Man kann entweder der Auffassung sein, dass die konkurrierenden Güter, Rechte oder Interessen nicht gegeneinander abgewogen werden können. Wer eine Güterabwägung dennoch vorzunehmen versucht, so das Argument, versucht gewissermaßen Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Man kann aber auch der Auffassung sein, dass die auf dem Spiel stehenden Güter nicht gegeneinander abgewogen werden dürfen. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, weil es sich um Güter, Rechte oder Interessen von unterschiedlichen, unvergleichbaren Menschen handelt, die je für sich moralisch zählen, und deren Ansprüche nicht gegeneinander „verrechnet“ werden dürfen.

 

Ob man moralische Dilemmata in dieser Form für möglich hält, hängt unter anderem auch davon ab, welche Ethikkonzeption man vertritt. Manche Ethikansätze, wie beispielsweise der Utilitarismus bestreiten, dass echte Dilemmata möglich sind.

Ein Beispiel: Sophies Entscheidung

Ein Beispiel für ein moralisches Dilemma findet sich in dem Roman „Sophies Entscheidung“:

Eine Jüdin hat zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Von einem Nazi-Schergen wird sie vor die Wahl gestellt, entweder beide Kinder in den sicheren Tod zu schicken, oder aber eines von ihnen auszuwählen, das weiterleben darf – wenn sie diese Entscheidung verweigert, werden ihr beide weggenommen.

Sophie macht sich so oder so schuldig: Entweder muss sie einem ihrer Kinder das größte denkbare Unrecht antun, indem sie es zugunsten des anderen Kindes opfert – oder sie muss zulassen, dass beide Kinder sterben, obwohl sie mit einem einzigen Wort eines hätte retten können. Die Wahl zwischen den Alternativen ist für den Betroffenen psychologisch sehr belastend. Sophie nimmt sich später das Leben, weil sie mit ihrer Entscheidung nicht zurecht kommt.

Andere moralische Konflikte

Glücklicherweise haben längst nicht alle moralischen Konflikte die Form eines Dilemmas. Von einem moralischen Dilemma im engeren Sinn zu unterscheiden sind beispielsweise die viel häufigeren inneren Konflikte, in die man gerät, wenn man sich zwischen „Pflicht“ und „Neigung“ entscheiden muss.

 

Ein Beispiel für einen solchen Konflikt:

Man hat seinem Freund versprochen, ihm bei der Vorbereitung auf einen Test zu helfen; doch man hat viel mehr Lust, stattdessen zu faulenzen. Wenn ich mich fürs Faulenzen entscheide, habe ich ein schlechtes Gewissen – wenn ich mich dafür entscheide, mein Versprechen zu halten, muss ich meine eigenen Wünsche hinten anstellen.

Auch solche Konflikte können von den Betroffenen als sehr belastend erfahren werden, wenn viel auf dem Spiel steht. Das mag zum Beispiel dann der Fall sein, wenn man sich entscheiden muss, ob man in einer bestimmten Situation anständig bleiben will, auch wenn man damit die gesamte berufliche Laufbahn aufs Spiel setzt.

 



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