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Stammzelltherapie

Das folgende Szenario beruht auf einer wahren Begebenheit (England, 2001). In Deutschland wäre es momentan (2010) illegal.

Laura, 6 Jahre, wird wohl nicht älter als 45 Jahre werden, da sie an einer seltenen Erbkrankheit leidet, die sich Beta-Thalassämie nennt. Die Krankheit ist extrem belastend, Patienten leiden unter Organschäden, Knochenfehlbildungen, Wachstumsstörungen und schubweise auftretenden, sehr schmerzhaften Fieberattacken.

Damit sie überhaupt eine Chance hat, dieses Alter zu erreichen, müssen ihr an fünf Tagen in der Woche mittels einer sehr schmerzhaften Prozedur über Nacht zehn Milliliter Desferal injiziert werden. Außerdem muss sie alle 2-4 Wochen eine Bluttransfusion erhalten.

Es gibt aber möglicherweise einen Weg, Laura komplett zu heilen: Bei einer Therapie mit bestimmten Zellen, die aus der Nabelschnur von verwandten Embryonen gewonnen werden können, besteht eine 90% Heilungswahrscheinlichkeit. Leider kommt nicht jeder Embryo dafür in Betracht, denn er müsste genetisch zu Laura passen. Bei jeder weiteren, „natürlichen“ Schwangerschaft von Lauras Mutter besteht die Gefahr, dass das neue Kind auch krank ist.

Es gibt jedoch eine moderne Methode, mit der man testen kann, ob ein Embryo gesund und als Spender geeignet ist. Lauras Mutter müsste sich künstlich befruchten lassen, um 6-8 Embryonen im Labor herzustellen. Diese Embryonen würden dann darauf hin getestet werden, ob sie in ihrer Nabelschnur die passenden Zellen für Laura bilden würden.

Ist das der Fall, kann man den entsprechenden Embryo in die Gebärmutter von Lauras Mutter einpflanzen. Er wächst dort normal heran und ihm könnten gefahrlos die Zellen für Lauras Heilung aus der Nabelschnur entnommen werden. Danach könnte der Embryo problemlos weiter wachsen und Laura hätte bald ein neues Geschwisterkind.

Embryonen, die nicht eingepflanzt wurden, werden allerdings tiefgekühlt gelagert (Kryokonserviert). Dabei werden sie im Laufe der Zeit wahrscheinlich absterben, denn es ist nicht garantiert und von Lauras Eltern auch nicht geplant, dass sie ebenfalls irgendwann eingepflanzt werden. Die Eltern überlegen nun, ob Sie diese Methode anwenden oder nicht:

Einerseits möchten sie ihrer Tochter gerne helfen und wollen, dass sie gesund wird. Andererseits haben sie Bedenken für Lauras Heilung andere Embryonen, die biologisch auch ihre eigenen Kinder sind, erst herzustellen und dann im Tiefkühler möglicherweise absterben zu lassen. Ihnen ist außerdem klar, dass sie mit der Auswahl eines passenden Embryos eine Selektion betreiben indem sie bestimmen, welcher leben darf und welcher im Tiefkühler bleiben muss. Darüber hinaus würde die gezielte Herstellung von Embryonen zur Heilung von Laura auch gleichbedeutend mit einer Instrumentalisierung des neuen Kindes sein.

Aufgaben:

  1. Wie würden Sie spontan entscheiden? Führen Sie eine Abstimmung in der Klasse durch!
  2. Welche Entscheidungsmöglichkeiten gibt es für Lauras Eltern in der oben genannten Situation? Welche Folgen hätten die verschiedenen möglichen Entscheidungen?
  3. Welche Werte und Normen sind dabei betroffen?
  4. Sammeln Sie Argumente für die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten und ordnen Sie diese in einer Rangfolge. Hier können Sie sich über weitere Argumente zur Stammzellforschung informieren.
  5. Wie lautet Ihr Urteil nun, nachdem Sie die Aufgaben 1-4 bearbeitet haben? Begründen Sie bitte!


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