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Menschenwürde

Der Begriff der Menschenwürde wird in bioethischen Diskussionen häufig herangezogen. Vor allem dann, wenn es darum geht, die Sonderstellung des Menschen herauszustellen oder absolute Grenzen dessen zu markieren, was man mit Menschen tun darf.

Manchmal bringt der Verweis auf die Menschenwürde dabei eine behauptete Unverrechenbarkeit und Unersetzbarkeit von menschlichen Personen zum Ausdruck. In anderen Zusammenhängen geht es um ein Verbot der Instrumentalisierung von Menschen. In wieder anderen Zusammenhängen stehen die (Selbst-)Achtung und die Selbstbestimmung von Personen zur Debatte oder deren (physische wie psychische) Integrität. Manchmal ist mit dem Verweis auf die Menschenwürde nicht die Würde von einzelnen Individuen gemeint, sondern vielmehr der Schutz eines bestimmten Menschenbildes bzw. die Würde der Menschheit als Gattung.

Moralischer Begriff

Üblicherweise wird der moralische Begriff der Menschenwürde so verstanden, dass allen Menschen in gleicher Weise, ständig und ununterbrochen Würde zukommt. Wer von Menschenwürde spricht, meint also üblicherweise, dass ausschließlich allen Mitgliedern der Spezies Mensch Menschenwürde zukommt, dass es kein „Mehr“ oder „Weniger“ an Menschenwürde geben kann, und dass man sich Menschenwürde weder verdienen kann oder muss, noch sie verlieren kann. Das unterscheidet den moralischen Begriff der Menschenwürde, wie er paradigmatisch bei Kant formuliert worden ist, von anderen Verwendungsweisen des Würdebegriffs (man spricht beispielsweise auch von „Würdenträgern“ oder einem „würdigen Sieger“ usw.).

Menschenwürde bei Kant

Wichtig für das moderne Menschenwürdeverständnis ist, wie gesagt, Kant. Sein Verständnis von Menschenwürde hat zum Beispiel auch das deutsche Grundgesetz geprägt („Die Würde des Menschen ist unantastbar“). Kant zufolge beruht die menschliche Würde darauf, dass Menschen die Fähigkeit zu vernünftigem und moralischem Handeln besitzen. Menschen besitzen, sagt Kant, daher einen „unvergleichlichen Wert“ oder eben eine Würde, im Unterschied zu anderen Lebewesen, die bloß einen Preis haben. Weil Menschen eine Würde haben dürfen sie, wie Kant sagt, nie vollständig instrumentalisiert, wie Sachen für Zwecke benutzt werden: „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als auch in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ Die Benutzung eines Menschen zu Forschungszwecken oder beispielsweise seine Tötung, um mit seinen Organen andere zu heilen, würde, folgt man diesem Verständnis von Menschenwürde, offenkundig gegen die Menschenwürde verstoßen – und wäre damit ausnahmslos oder „kategorisch“ verboten, unabhängig davon, welche Vorteile ein solches Handeln für andere auch haben mag.

Alternative Verständnisse von Menschenwürde

Einem alternativen Verständnis von Menschenwürde zufolge bezieht sich der Begriff der Menschenwürde auf ein Bündel minimaler moralischer Rechte, die wir für zentral und als für unter praktisch allen Umständen unaufgebbar halten. Sie sind so etwas wie „Trümpfe“, die konkurrierende moralische Ansprüche unter praktisch allen denkbaren Umständen „ausstechen“. Dieter Birnbacher hat die folgenden Rechte als Elemente des Begriffs der Menschenwürde vorgeschlagen: das Recht, von Würdeverletzungen im Sinne der Verächtlichmachung und Demütigung verschont zu bleiben; das Recht auf ein Minimum an Handlungs- und Entscheidungsfreiheit; das Recht auf Hilfe in unverschuldeten Notlagen; das Recht auf ein Minimum an Lebensqualität im Sinne von Leidensfreiheit; das Recht, nicht ohne Einwilligung und in schwerwiegender Weise zu fremden Zwecken instrumentalisiert zu werden. Solche Rechte freilich können nur Wesen geltend machen, deren Bedürfnisse man frustrieren oder verletzen kann. Menschenwürde im strengen Sinn kommt diesem Verständnis zufolge also nur bewusstseinsfähigen menschlichen Individuen zu.

 



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