Hinweise zur Durchführung der Talkshows zur Stammzellforschung
Die Durchführung einer Talkshow zum Thema Stammzellforschung eignet sich sowohl als Ergänzung zum Biologieunterricht als auch zum Politik-, Religions-, Philosophie- oder Ethikunterricht.
Verschiedene Talkshow-Typen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Talkshow zu konzipieren. Das Zellux-Team schlägt Ihnen folgende Typen vor:
Themen-Talk: Um die Breite der gesellschaftlichen Argumente sowie die Authentizität des Themas deutlich zu machen, können die Talkgäste aus unterschiedlichen gesellschaftlichen, beruflichen und persönlichen Hintergründen zusammengesetzt werden. Diese sollte möglichst kontrovers sein und plakativ aus gegensätzlichen Meinungen bestehen. Spannungsreicher wird es dadurch, Betroffene in die Runde zu integrieren.
Experten-Talk: Um die fachliche Diskussion zwischen den einzelnen Disziplinen herauszuarbeiten, können die Talkgäste als Experten auftreten. So können beispielsweise Forscher, Philosophen, Geistliche und Soziologen gegeneinander antreten.
Glaubens-Talk: Um die Differenzen einer Debatte aus unterschiedlich religiöser Sicht herauszuarbeiten, können die Talkgäste aus der Sicht unterschiedlicher Religionen zusammengesetzt werden.
Polit-Talk: Um politische Argumentationen und strategische Winkelzüge aus der Debatte herauszuarbeiten, können die Talkgäste aus den Vertretern der unterschiedlichen, fiktiven Parteien zusammengestellt werden.
Philosophisches Quartett: Um die philosophisch-ethischen Argumente der Debatte zu vertiefen, kann die Runde aus Philosophen unterschiedlicher Richtungen und Ethikpositionen besetzt werden.
Drei Phasen der Durchführung
Der Unterricht zur Talkshow „Soll an embryonalen Stammzellen geforscht werden?“ kann entlang der folgenden drei Phasen geplant und durchgeführt werden:
- Vorbereitungsphase
- Spielphase
- Auswertungsphase
Vorbereitungsphase
Einführen in die Problematik der Forschung an embryonalen Stammzellen
Da die thematischen Grundlagen für diese Talkshow anspruchsvoll sind, ist es sehr bedeutsam, den Schülerinnen und Schülern wichtige Hintergrundinformationen in kompakter Form an die Hand zu geben. Wenn bereits vor der Talkshow im Unterricht Aspekte der Stammzellforschung, der Gesetzeslage und der ethischen Debatte vermittelt wurden, kann dies zu Beginn der Talkshow-Vorbereitung sehr knapp gehalten werden. Ist dies jedoch nicht der Fall, sollte eine kurze Einführung durch den Lehrer / die Lehrerin erfolgen, um die Grundproblematik zu verdeutlichen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es zu Missverständnissen kommt.
Die notwendigen Hintergrundtexte sind auf dem Internetportal zellux.net eingestellt.
Vorher-Abfrage durchführen
Wer ist spontan für und wer gegen Forschung an embryonalen Stammzellen? Ergebnis der Umfrage sollte festgehalten werden, um einen Vorher-Nachher-Vergleich durchführen zu können.
Einteilen in Gruppen
Die Akteursrollen ergeben sich aus der Konstellation der Talkrunde. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten sich in Gruppen in die Akteursrolle bzw. Positionen ein. Die Gruppe entscheidet, über ihre Repräsentanten, dieser übernimmt und spielt in der Durchführung der Talkshow diese Rolle.
Wir schlagen Ihnen folgende Talk-Typen vor:
- Talk 1: Themen-Talk
Dr. Josef Heiliger (kath. Theologe)
Dr. Claudius / Claudine Buch (Mediziner/in und Politiker/in)
Maik /Maike Jansen (Betroffene/r)
Zett Omega (Aktionskünstler)
Dr. Peter / Petra Müller (Forscher/in)
Dr. Klara Kernig (Frauenrechtlerin)
- Talk 2: Experten
Dr. Josef Heiliger (kath. Theologe)
Prof. Dr. Beatrice Hausmann (Soziologin)
Prof. Dr. Fritz / Friederike Freilich (Philosoph/in)
Dr. Peter / Petra Müller (Forscher/in)
mögliche Sofagäste:
Prof. Dr. med. Felix / Felicitas Schaffhausen (Forscher/in)
Prof. Dr. Klara Kernig (Frauenrechtlerin)
Zett Omega (Aktionskünstler)
Maik /Maike Jansen (Betroffene/r)
- Talk 3: Runde der Geistlichen
Dr. Josef Heiliger (kath. Theologe)
Prof. Dr. Andreas /Andrea Herbst (ev. Theologe/in)
Isaak Meier (jüdischer Rabbiner)
Mahmoud Semli (islamischer Imam)
- Talk 4: Runde politischer Vertreter
Anton / Antonia Obermeier (CPD)
Dr. Claudius / Claudia Buch (ÖDP)
Dr. Michael / Michaela Mauler (SPE)
Dr. Egon Höfert (LPD)
mögliche Sofagäste:
Prof. Dr. med. Felix / Felicitas Schaffhausen (Forscher/in)
Dr. Peter / Petra Müller (Forscher/in)
Zett Omega (Aktionskünstler)
Maik /Maike Jansen (Betroffene/r)
- Talk 5: Runde der Philosophen
Die Runde der Philosophen kann anstatt der folgenden
Rollenprofile ebenso mit leicht zugänglichen Texten
bestritten werden. Die Literaturhinweise zu diesen Texten
befinden sich in den „tiefergehenden Informationen“ am
Ende dieser Online-Seite.
Prof. Dr. Richard / Ricarda Weitsicht
Prof. Dr. Silvio / Silvia Munter
Prof. Dr. Theodor / Doris Apfelstedt
Prof. Dr. Lukas / Luca Weißer
mögliche Sofagäste:
Prof. Dr. med. Felix / Felicitas Schaffhausen (Forscher/in)
Dr. Peter / Petra Müller (Forscher/in)
Zett Omega (Aktionskünstler)
Maik /Maike Jansen (Betroffene/r)
Recherche
Während der Vorbereitungsphase sollte für die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bestehen, Argumente und Informationen speziell für die eigene Rolle auf dem Internetportal zellux.net zu recherchieren.
Dies kann in zwei Differenzierungsgraden geschehen:
- Recherche ausschließlich zur Rolle der Gruppe auf zellux.net (z.B. zur Rolle Dr. Peter/Petra Müller: Embryonale Stammzellen - Definition, Gewinnung Potenzial / Zelltherapien in der regenerativen Medizin / Embryonenschutzgesetz, Stammzellgesetz / Invitrofertilisation / Gewinnung embryonaler Stammzellen / Embryonenschutz / Menschenwürde).
- Anschließende Recherche zu den zentralen Argumenten der anderen Talkgäste mit dem Ziel, noch bessere Gegenargumente zu generieren und somit die eigene Position zu schärfen: „Sie werden auf folgende Gesprächspartner treffen, überlegen Sie sich schon einmal, was man denen entgegnen kann.“ „Sie werden auf folgende Gesprächspartner treffen, überlegen Sie sich schon einmal, was diese Ihnen entgegnen werden.“
Die Rolle des Moderators/ der Moderatorin
Der Moderator / die Moderatorin hat eine Schlüsselrolle in der Talkshow. Hier steht weniger das spezielle Fachwissen, sondern vielmehr die kommunikative Fähigkeit im Vordergrund. Diese Gruppe hat in der Vorbereitung mehrere Aufgaben. Zum einen muss sie sich ins Thema einarbeiten und einen schnellen Überblick über die zentralen Themen, Aspekte und Argumente erhalten (und dies medienwirksam zugespitzt zu formulieren). Zum anderen muss sie auch einen Gesprächsleitfaden entwickeln (welche Themen oder Fragen sollen in welcher Reihenfolge besprochen werden?).
Der Moderator / die Moderatorin sollte in der Lage sein, mit Einfühlungsvermögen und neugierigen Fragen ein Thema möglichst von verschiedenen Seiten vorzustellen, um damit Interesse zu wecken und eigenes Nachdenken der Zuschauer zu provozieren. Läuft das Gespräch erst einmal, so darf der Moderator durchaus seine eigene Meinung sagen. Dabei hat er bzw. sie jedoch immer im Blick, die Diskussion am Thema zu halten, allen ungefähr dieselbe Redezeit zu verschaffen sowie - generell - Dynamiken des Gesprächs zu begleiten. Der Moderator / die Moderatorin fragt stellvertretend für das Publikum, hat jedoch auch die Freiheit, eine sog. Publikumsrunde oder -befragung zu initiieren.
Es ist sinnvoll, bei ungeübten Schülerinnen und Schülern eine kurze Einführung in Fragetechniken und Gesprächsregeln zu geben.
Rolle des Publikums
Das Publikum kann entweder
- durch Beifall und Widerspruch aktiv teilnehmen,
- eine Beobachterrolle innehaben (z.B. könnten Teams von Zuschauern jeweils die Argumentation bestimmter Personen bewerten. Dazu müssten vorher Kriterien für gute Argumente aufgestellt und in der Klasse visualisiert werden.),
- durch eine Publikumsrunde aktiv mitdiskutieren oder
- eine Jury-Funktion übernehmen („Welche Argumentation hat uns am meisten überzeugt / nicht überzeugt? Warum?“).
Die Rolle des Publikums muss vorher durch die Lehrerin / den Lehrer genau festgelegt werden.
Vorbereiten der Anmoderation
Die Anmoderation enthält die Vorstellung des Themas und des darin enthaltenen Konfliktes (entweder durch den Moderator/die Moderatorin oder durch einen selbst gestalteten Medienbeitrag): Warum ist Stammzellforschung ein wichtiges Thema? Was spricht für die Stammzellforschung, was dagegen?
Vorbereiten der Gästevorstellung
Die Eingangsphase der Talkshow kann entweder durch die Gäste selbst (Kurzstatement) oder durch den Moderator/ die Moderatorin gestaltet werden. Die Lehrerin / der Lehrer entscheidet dies evtl. in Absprache mit den Schülerinnen und Schülern und weist dann auf die zusätzliche Aufgabenstellung für die Gruppenarbeit hin. Ebenso denkbar ist eine Stimme aus dem Off, die die Gäste einzeln mit Namen, Funktion und grundsätzlicher Position kurz vorstellt (dies müsste ebenso von der Gruppe der Moderatoren vorbereitet werden).
Sitzordnung
Eine veränderte Sitzordnung hilft, sich besser in die neue Situation hineinzuversetzen. Der Moderator / die Moderatorin wird klassischerweise in der Mitte sitzen, neben ihm/ihr mit dem Gesicht zum Publikum sitzen die Gäste. Gegensätzliche Positionen sollten voneinander getrennt sitzen, da die räumliche Distanz ein konstruktives Streitgespräch unterstützt.
Rollenausgestaltung
Die Schülerinnen und Schüler können den Perspektivenwechsel und die Authentizität dadurch unterstützen, dass sie ihre Rollen kreativ ausgestalten. So ist es denkbar, die Rollen durch Verkleidung (z.B. Talar für den Geistlichen, weißer Kittel für den Forscher) oder charakteristische Accessoires (z.B. Bibel, Parteiabzeichen) zu unterstützen. Das entspricht zwar nicht der realen Situation in der „echten“ Talkshow, hilft jedoch den Gesprächspartnern und dem Publikum, von der Person der wohlvertrauten Klassenkameraden/innen zu abstrahieren und sich auf die Rollenperson einzulassen.
Spielphase
Dauer: 15-45 Minuten
Anmoderation
Begrüßen und Vorstellen der Gäste
Talkrunde
- Fragerunde entlang des Gesprächsfadens
- Positionskonfrontation
- Sofagäste
- Überraschungsgast
- Publikumsrunde
Abmoderation
(max. 2 Min., spontan, Dank an Gesprächsgäste, enthält zusammenfassend die Hauptstreitpunkte und Konsens- bzw. Kompromissangebote, die sich aus der Runde ergeben, gibt Ausblick „Debatte wird weitergehen…“)
Auswertungsphase
In dieser Phase sollten die Ziele noch mal aufgegriffen werden.
Je nach Restzeit und Verlauf der Talkrunde können folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Eventuell: Präsentation des Juryurteils
- Entlassen aus den Rollen
- Aufnehmen des Befindens der Schülerinnen und Schüler, die die Rollen dargestellt haben / des Moderators/der Moderatorin / des Publikums.
- Inhaltliche Fehler oder Missverständnisse aufdecken und korrigieren
- Evtl: Auswertung des Juryurteils (zum Beispiel Sammeln typischer – rationaler, emotionaler, intuitiver, moralischer, fachwissenschaftlicher – Argumente auf Karten, diese dann nach Prioritäten ordnen, beispielsweise durch Punkteabfrage)
- Formale, strukturelle und inhaltliche Streitpunkte visualisieren
- Offene Fachfragen formulieren
- Stärken und Schwächen der thematischen Diskussion herausstellen
- Weitere Unklarheiten als Rechercheauftrag beispielsweise als Hausaufgabe formulieren
- Realitätsbezug herstellen beziehungsweise betonen
- Nachher-Abfrage durchführen: Wer ist jetzt für und wer ist gegen Stammzellforschung?
- Vorher-Nachher-Vergleich anstellen
Tiefergehende Informationen
Alternative Texte zum Philosophischen Quartett:
Birnbacher, Dieter (2004) Menschenwürde- abwägbar oder unabwägbar? - in: Kettner, Matthias (Hrsg.): Biomedizin und Menschenwürde. - Suhrkamp, Frankfurt a.M., S. 249-271.
Graumann, Sigrid (2004): Präimplantationsdiagnostik, embryonale Stammzellforschung und das Regulativ der Menschenwürde. - in: Kettner, Matthias (Hrsg.): Biomedizin und Menschenwürde. - Suhrkamp, Frankfurt a.M., S. 122-144.
Merkel, Reinhard (2001): Rechte für Embryonen? Die Menschenwürde lässt sich nicht allein auf die biologische Zugehörigkeit zur Menschheit gründen. - in: Geyer, Christian (Hrsg.): Biopolitik. Die Positionen. - Suhrkamp, Frankfurt a.M., S. 51-64.
Spaemann, Robert (2001): Wer jemand ist, ist es immer. Es sind nicht die Gesetze, die den Beginn eines Menschenlebens bestimmen.- in: Geyer, Christian (Hrsg.): Biopolitik. Die Positionen. - Suhrkamp, Frankfurt a.M., S. 73-81.