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Nichtschaden, Fürsorge, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit

Die beiden US-amerikanischen Bioethiker Beauchamp und Childress haben vier „Prinzipien mittlerer Reichweite“ in den Mittelpunkt ihrer ethischen Überlegungen gestellt.

Neben dem Nichtschadens-Prinzip (nonmaleficence), das es verbietet, anderen an Leib, Leben oder Eigentum Schaden zuzufügen, gehören bei Beauchamp und Childress das Prinzip der positiven Fürsorgepflicht (beneficence), das Prinzip der Selbstbestimmung und des Respekts vor der Autonomie (autonomy) und schließlich das Prinzip der Gerechtigkeit (justice) zu den Prinzipien mittlerer Reichweite.

Diese Prinzipien werden von Beauchamp und Childress auf eine Vielzahl von konkreten Fragestellungen und Problemen angewendet.

 

Die beiden Autoren Tom L. Beauchamp und James Childress gehen in ihrem einflussreichen Buch „Principles of Biomedical Ethics“ (seit 1987) von unterschiedlichen theoretischen Ausgangspunkten aus – Beauchamp eher von utilitaristischen, Childress eher von deontologischen Prämissen. Ihr Ziel war es, ausgehend von weithin anerkannten moralischen Vorstellungen und kompatibel mit verschiedenen theoretischen Ausgangspunkten eine Art common morality zu formulieren. Beauchamp und Childress ziehen dabei eine pluralistische, kohärentistische Theorie, die durch ein Geflecht von Normen, Werten und moralischen Intuitionen gekennzeichnet ist, einer Orientierung an einer monistischen Moraltheorie vor.

 

Die ausgewählten Prinzipien sind für Beauchamp und Childress so etwas wie die „Leitbegriffe“ des moralischen Diskurses auf mittlerer Ebene und haben den Charakter von prima-facie-Pflichten, die in Konfliktfällen konkretisiert und gegeneinander abgewogen werden müssen. Welches Gewicht ihnen jeweils zukommt und welches Prinzip jeweils Vorrang genießen soll, wird von Beauchamp und Childress nicht erklärt; sie geben jedoch einige Kriterien für Abwägungen an.

Prinzip der Gerechtigkeit

Fragen der Gerechtigkeit stellen sich zum Beispiel im Hinblick auf die gerechte Verteilung von Ressourcen wie zum Beispiel finanziellen Mitteln oder anderen Gütern (s. Verteilungsgerechtigkeit). Dass Gerechtigkeit ein wichtiger Gesichtspunkt ist wird dabei von kaum jemandem bestritten. In der Praxis bedarf das Gerechtigkeitsprinzip jedoch immer einer weiteren Interpretation und Konkretisierung.

Dabei kann man grundsätzlich zwei Arten von Gerechtigkeit unterscheiden:

  • formale Gerechtigkeit: „Gleiche sollen gleich behandelt werden, Ungleiche sollen ungleich behandelt werden“.
  • materiale Gerechtigkeit: „Güter sollen je nach Bedarf verteilt werden“.

 

Die drei weiteren Prinzipien lassen sich dagegen in eine Reihe konkreter Regeln „übersetzen“, von denen hier einige als Beispiele aufgeführt sind:

Nichtschadensprinzip

  • Füge anderen keinen Schmerz oder Leid zu!
  • Setze niemanden außer Gefecht!
  • Verursache keine Verletzung!
  • Entziehe niemandem die Lebensgrundlagen!

Prinzip der positiven Fürsorge

  • Schütze und verteidige die Rechte anderer!
  • Verhindere, dass andere Schaden ausgesetzt werden!
  • Beseitige Bedingungen, die anderen Schaden verursachen werden!
  • Hilf Personen mit Einschränkungen!
  • Rette Personen, die in Gefahr sind!

Prinzip der Selbstbestimmung

  • Sage die Wahrheit!
  • Respektiere die Privatsphäre des Anderen!
  • Schütze vertrauliche Informationen!
  • Wenn gefragt, hilf anderen dabei, wichtige Entscheidungen zu treffen!


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